Donnerstag, 3. September 2020

Nur mal kurz in der Stadt

Ich weiß, ich weiß, es war sehr ruhig. Der Grund? Es gibt sogar zwei: Es war zu heiß und ich hatte viel offline zu tun. Ja, und ein wenig hatte auch die Muße gefehlt. Aber gerade heute fällt mir wieder auf, dass man ein Blog auch mal als das nutzen kann, für das es eigentlich da ist: Zum Festhalten von Erlebnissen. 

Gestern bin ich mal wieder in der Innenstadt unterwegs gewesen. Recht unspektakulär. Man läuft so und läuft und man sieht so dies und so das. Es gibt viele Dinge, die ich an Offenbach schätze. Der Großteil der Fußgängerzone gehört jedoch nicht dazu. 



Aber starten wir mal in der Friedrichstraße. Eine richtig schöne Straße ist das, mit viel alter Gebäudesubstanz und tollen Details an den Häusern. Leider auch mit viel Müll – richtig viel Müll. Manch ein Zeitgenosse verwechselt, ganz wie im Mittelalter, den Weg vor dem Haus mit der Restmülltonne oder dem Klo. Es ist schade. Naiv wie ich manchmal zu sein scheine, denke ich mir, dass mit nur ein wenig mehr Achtsamkeit und einer Portion "ist mir nicht egal" das ganze Umfeld, in dem man sich so bewegt, etwas angenehmer wäre. 

Einige Offenbacher kümmern sich in der Innenstadt schon liebevoll um die Beete vor den Häusern. Muss man dann wirklich da seinen Müll reinwerfen oder die Hunde reinmachen lassen? Ich frage mich dann immer, wie viel in den Menschen innerlich abgestorben sein muss, dass man so etwas tut oder fertig bringt. Wie einem alles so sch*** egal sein kann. Als ich das Szenario oben so betrachtete, machte mich das einfach nur traurig.

Ich war in den letzten Jahren an zwei Orten, wo es ganz anders läuft: in Oberbayern und in den Niederlanden. So manches von dort wünsche ich mir für Offenbach, zum Beispiel mega breite Fahrradwege und eine Fahrradkultur, die die des Autos übertrumpft. Oder dass alles so gepflegt ist. Aber auch, wie in Oberbayern, dass Menschen sich bedanken, wenn man ihnen den Vortritt lässt, sowohl direkt in "freier Wildbahn" als auch im Straßenverkehr. In Offenbach bedankt sich bei mir in neun von zehn Fällen niemand. Trotz allem lasse ich den Leuten gerne weiter den Vortritt – die Hoffnung stirbt zuletzt.

Weiter ging es über den Wilhelmsplatz Richtung Kleiner Biergrund. Neue Gastronomie ist dort schon vor längerer Zeit eingezogen und ich habe leider noch keines der Lokale besucht. Muss nachgeholt werden. Ein Stück weiter entdeckte ich ein neues Geschäft: das PARADIES INTERNATIONAL.









Es hat mich total gereizt, mich einmal darin umzuschauen, aber irgendwas hat mich dann doch davon abgehalten.

Es war gegen 17 Uhr recht voll in der Stadt. Ich lief mit meinem Mund-Nasenschutz Richtung Große Marktstraße und kam mir ein wenig vor wie eine Außenseiterin. Viele Menschen trugen gar keine Maske oder sie war heruntergezogen. 

Wenn Leerstand einzieht, kommt so manches zum Vorschein.



Kurz vor dem KOMM hörte ich plötzlich ein aufgeregtes Piepsen. Nun ist es soweit, ich höre schon Dinge, die gar nicht da sind, dachte ich kurz. Dann hielt ich aber inne und lokalisierte ein Vogelnest, dass ich irgendwo in den Betonwänden ausmachte. Ihr könnt ja auch mal "hören gehen". 







Im KOMM war ich nur kurz zum Brot kaufen beim Heberer, ein Getränk kaufen im Tegut und zum Buch kaufen bei Thalia. Alles kontaktlos bezahlt.



Als ich auf die Uhr schaute, sah ich zu meiner großen Freude, dass ich noch ein kleines Zeitfenster zur Verfügung hatte. Schnell ging ich weiter Richtung Kaiserstraße. Wie viele Kosmetik- und Nagelstudios kann man eigentlich auf hundert Metern unterbringen? Vielleicht hält dieses Teilstück der Großen Marktstraße sogar einen Rekord, von dem jedoch niemand weiß? Und mitten zwischen all der Schönheit stechen das Antiquariat und das Tischwäschegeschäft heraus. Es gibt noch Hoffnung, dachte ich mir. Vor den Imbissen und Lokalen aßen die Leute asiatische Gerichte. Ich beobachtete im Vorbeigehen, wie sich eine junge Frau mit bunten Nägeln sich genüsslich die Finger ableckte. Mir wurde kurz unwohl.

In der Kaiserstraße steuerte ich direkt das kleine Geschäft BRIEFMARKEN NICKEL an. Was viele vielleicht nicht wissen: Dort kann man hervorragend Steine kaufen. Ich gebe es zu, ich sammle Kristalle, Quarze und Halbedelsteine (obwohl man die nicht "Halbedelsteine" nennen soll) – eine etwas exzentrische Passion, ich weiß, ich weiß. 
Mein Besuch reicht für einen ganz kurzen Schnack mit dem Inhaber, der mir eine "bunte" Tüte mit Steinen für zehn Euro verkaufte. Ich freute mich wie ein kleines Kind und fragte mich zugleich, ob ich wohl beim Benennen der Steine richtig liegen werde.

Meine "bunte Tüte" von BRIEFMARKEN NICKEL





Über die Geleitsstraße laufe ich zurück Richtung Wilhelmsplatz. Man darf sich nichts vormachen! So gerne ich auch in Offenbach lebe: Die Geleitsstraße ist für mich persönlich der Horror. Mir sind die Leute, die mir auch gestern wieder über den Weg liefen, unheimlich. Im Dunkeln würde ich mich dort nicht alleine aufhalten. Trotz alledem: Ich musste vor dem Kleidgeschäft Ocem kurz stehen bleiben und diese Wahnsinns-Robe bestaunen. Wie man sich darin wohl bewegt? Bestimmt gar nicht.

Ich erinnerte mich in diesem Moment kurz an die Hochzeit von Esra, eine Freundin, die ich schon seit 20 Jahren kenne. Ihre Hochzeit, damals, 2007, war der Hammer. Ihr Kleid war es auch. Ähnlich ausladend wie unten auf dem Bild zu sehen. Na gut, vielleicht nicht ganz so extrem wie dieses rote Exemplar (manchmal verwässern die Erinnerungen), aber es hatte dennoch einen Umfang, der die Braut herausforderte. Aber Esra schlug sich damals hervorragend. 








Und schon war ich in der Bleichstraße. Vorbei an Vintage Park und 4Zimmer&Garten dachte ich so für mich, dass wir doch richtig schöne Fachgeschäfte in Offenbach haben. Aber Schön und Schrecklich liegen auch hier, am Rande des beliebten Wilhelmsplatzes, oft dichte beieinander:






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