Dienstag, 14. Mai 2019

Die Wand bezwingen

Neulich, irgendwann kurz vor Ostern und in einer Zeit, als so etwas wie Ferienstimmung und -vergnügen aufkam, machte ich mich auf in eine Kletterhalle abseits der Sprendlinger Landstraße. Nun, ehrlich gesagt wurde ich ganz fremdbestimmt zu einem Kletter-Schnupperkurs angemeldet. Aber manchmal ist es auch nicht verkehrt, wenn etwas fremdbestimmt passiert.

Ich war in der Vergangenheit schon einige Male im Kletterpark am Bieberer Berg, was jedes Mal toll war, aber so richtig irgendwo (hoch-)klettern? Nee, das habe ich vorher noch nicht gemacht und dementsprechend war ich nicht gehemmt aber ein wenig demütig, als ich die besagte Kletterhalle an diesem Nachmittag betrat. Ich sah Jüngere und Ältere und auch einige Kleine, die sich leichtfüßig die Wände hochzogen und sich teils waagerecht unter der Deckenhalle festhielten, als gäbe es keine Schwerkraft oder als seien sie Spiderman. 































Wir – also die Schnupperkursteilnehmer meine ich – waren eine Gruppe von vielleicht acht Leuten jeder Altersgruppe. Unser Kursleiter, ein Mann mit ruhiger Stimme, besonnener Art und Oberarmen wie Hulk, gab uns vorab eine gründliche theoretische Einführung samt Trockenübungen. Ich probte und kletterte später an der Übungswand mit einem Schwestergespann, das ungefährt halb so alt ist wie ich und mit Sicherheit auch nur halb so viel wiegt. An den niedrigeren Wänden, die nur einige Meter hoch sind, haben wir das Sichern, Hochklettern und Abseilen geprobt, bevor es dann irgendwann runter in die große Halle ging.

Dort gibt es zahlreiche Parcours mit unterschiedlichsten Schwierigkeitsstufen. Wir haben an einer leicht gekippten Wand geübt. Das Hochklettern an sich hat bei uns anfangs ziemlich gut geklappt, ebenso wie das Abseilen. Nach einigen Malen allerdings, ich war schon geschätzte acht oder neun Meter weit oben, kamen mir plötzlich Zweifel und mein Kopfkino sprang an. Was wäre eigentlich, wenn ich abrutsche und die zwei Mädels mit dem Fliegengewicht da unten davon dermaßen überrascht wären, dass sie mich nicht richtig sichern, das Seil unbeabsichtigt loslassen oder selbst nach oben gezogen werden? 

Au weia, die Nerven ausgerechnet dann zu verlieren, wenn man schon die Hälfte geschafft hat und im wahrsten Sinne des Wortes in den Seilen hängt? Keine gute Idee. Aber aufkommende Panik unterdrücken und die nachlassende Kontrolle in den Knien ignorieren? Ist auch schwierig. Neben mir kletterte just in diesem Moment unser Kursleiter (War er eigentlich gesichert? Ich kann es nicht mit Gewissheit sagen) und sagte beruhigende Worte mit einer Bedachtheit, die ich bisher tatsächlich noch bei niemandem in dieser Form erlebt habe. Ich weiß nicht, ob das ein psychologischer Trick war, aber die Panik verflog. Aber trotzdem ließ ich mich abseilen. 

Ich glaube, dass man diese innere Ausgeglichenheit und Kontrolle sicherlich haben muss, um – so wie unser Kursleiter über sich erzählte – die Berge dieser Welt besteigen zu können.







Würde ich noch mal klettern gehen? Ja, auf jeden Fall, auch wenn ich sicherlich danach wieder einige Tage Muskelkater haben werde. Es hat Spaß gemacht.

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